Wir dokumentieren hier die Stellungnahme der Besetzer*innen, welche sich mit der bundesweiten #TVStud-Bewegung, #stopthecuts, #BAföG50 und #IchBinHanna solidarisieren.


Aufruf zum bundesweiten Streiksemester

Wir, Studierende und Beschäftigte der Hamburger Hochschulen, haben heute morgen den Hörsaal im Von-Melle-Park 9 an der Universität Hamburg besetzt und in ein Streikcafé umgewandelt. Mit dieser Aktion solidarisieren wir uns mit dem morgigen Streik der Studentischen Beschäftigten (Studentische/Wissenschaftliche Hilfskräfte und Tutor*innen) an den Hessischen Hochschulen und leiten unsere Aktivitäten zur Vorbereitung des Streiksemesters 2021/22 ein. Die Besetzung dient der Schaffung eines Raums zum Austausch und der Vorbereitung einer gemeinsamen Streikbewegung für bessere Arbeits-und Studienbedingungen. Hiermit laden wir alle Studierenden und Beschäftigten, die unsere Ziele teilen, dazu ein, sich mit uns zusammen zu tun. Kommt zur Info-und Austauschveranstaltung in den Hörsaal des Von-Melle-Park 9 und schließt euch uns an.

Gemeinsam machen wir das kommende Wintersemester zum Streiksemester und erkämpfen uns bessere Arbeits-und Studienbedingungen!

So groß die Freude über die Rückkehr in den Präsenzbetrieb an der Hochschule ist, nach nun mehr als 1½ Jahren Studium unter Corona-Bedingungen sind wir nicht bereit zur Tagesordnung überzugehen, als wäre nichts gewesen. Mit unserer Besetzung fordern wir Raum zum Austausch und zur Vernetzung ein: Denn wir müssen reden! Die Isolation in der Pandemie hat nicht nur zahlreiche soziale Netzwerke unter uns Studierenden und Beschäftigten zerstört, sie hat uns auch gezeigt, welchen Stellenwert unsere Arbeits-und Lebensbedingungen in der Politik haben. Denn zum Dank für unsere monatelange Solidarität und unser Durchhaltevermögen begrüßt man uns bei Rückkehr an die Hochschule mit einer Kürzungsoffensive, an deren Ende nicht nur eine Verschärfung des Mangels an politische Austauschräumen, sondern auch eine erneute Verschlechterung der Bedingungen für Forschung und Lehre steht[1]. Die Corona Pandemie hat darüber hinaus für viele von uns einmal mehr offengelegt, auf welch prekärem Fundament sowohl unser Studium[2] als auch unsere Arbeitsbedingungengebaut sind[3]. Doch damit ist jetzt Schluss!

Statt uns weiterhin mit den warmen Worten der grünen Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank abspeisen zu lassen, fordern wir fundamentale Verbesserungen für uns Studierende und Beschäftigte. Wir rufen Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) auf seine Blockadehaltung gegenüber der Einführung eines Tarifvertrages für Studentische Beschäftigte aufzugeben!

Wir fordern:

Solidarität mit dem Arbeitskampf der Studentischen Beschäftigten: #TVStud jetzt!

die als Studentische/Wissenschaftliche Hilfskräfte und Tutor*innen den Forschungs-und Lehrbetrieb mit am Laufen halten -verhandeln. Aktuell versteckt sich der rot-grüne Senat aber hinter der ablehnenden Haltung des eigenen Arbeitgeberverbandes der Länder.
Vergangenen Freitag begannen nun im Rahmen der Tarifrunde der Länder die bundesweiten Verhandlungen zwischen den Gewerkschaften ver.di und GEW und dem Arbeitgeberverband, bei denen die Gewerkschaften auch die Aufnahme von Verhandlungen für einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TVStud) fordern. Die Vertreter*innen der Landesregierungen lehnten dies in den Gesprächen strikt ab.
Gemeinsam mit den Studentischen Beschäftigten fordern wir vom Hamburger Senat die sofortige Aufgabe seiner Blockadehaltung gegenüber der Einführung eines Tarifvertrages inklusive Mitbestimmungsrechten für Studentische Beschäftigte! In persönlicher politischer Verantwortung sehen wir den ersten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), die zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Bündnis90/Grüne)sowie Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), der Hamburg nicht nur im Arbeitgeberverband vertritt, sondern dort sogar dessen zweiter Vorsitzender ist.
Die jährlich über 8.000 Arbeitsverhältnisse zwischen Studierenden und der Stadt Hamburg dürfen künftig #keineAusnahme mehr darstellen, denn auch wir haben ein Anrecht auf Tarifvertrag und Mitbestimmung -so wie alle anderen Beschäftigten der Hansestadt. Wenn es der SPD und den Grünen mit ihrem Beschluss “Hamburg -Stadt der guten Arbeit” ernst ist, dann: #TVStud jetzt! 16€ Stundenlohn, unbefristete Arbeitsverhältnisse und gesetzlich garantierte Mitbestimmung! Weil unsere Arbeit #unverzichtbar ist!

#stopthecuts Gegen die Sparpolitik, für die Ausfinanzierung der Hochschulen

Bereits am 05. Juni 2021 waren wir gemeinsam auf der Straße, um gegen die Kürzungspolitik an den Hamburger Hochschulen zu demonstrieren. Die jahrelange Unterfinanzierung der Hamburger Hochschulen wird durch SPD und Grüne mitten in der Coronakrise sogar noch verschärft, obwohl sich in der Pandemie die besondere Bedeutung kritischer und eingreifender Wissenschaft einmal mehr gezeigt hat. Mit dem neuen Semester bekommen wir die Auswirkungen dieser Einsparungsmaßnahmendeutlich zu spüren: Hamburg weitfallen Professuren weg, Lehrveranstaltungen werden überbelegt oder werden sogar ganz gestrichen, wie beispielsweise die studentischen Arbeitsgemeinschaften in der Rechtswissenschaft an der UHH. Wir fordern daher ein sofortiges Ende der Kürzungspolitik in der Wissenschaft und eine Ausfinanzierung von Forschung und Bildung!

Kein Studieren auf Schulden – Mehr BAföG und für alle!

Der Großteil der Studierenden ist darauf angewiesen, neben dem Studium einer bezahlten – häufig prekären -Beschäftigung nachzugehen oder sich mit Studienkrediten zu verschulden. Denn selbst wenn ein Anspruch auf BAföG besteht und sämtliche Hürden der Antragstellung überwunden wurden, ist der BAföG-Satz zu niedrig, um davon den eigenen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Dies gilt besonders für Städte wie Hamburg, in denen Mietpreise bereits jetzt durchschnittlich 40% des Einkommens Studierender verschlingen[4] und stetig steigen. Neben der Doppelbelastung durch Studium und Lohnarbeit kommt der Druck hinzu, das Studium in Regelstudienzeit abzuschließen. Die Komplexität der Antragsstellung, die Abhängigkeit von Familienverhältnissen und die Angst vor der Verschuldung führen dazu, dass gerade jene, die dringend auf die Förderung angewiesen sind, häufig vor einer Beantragung zurückschrecken. So lebten bereits vor der Coronapandemie über die Hälfte der Hamburger Studierenden unterhalb der Armutsgrenze, während nur 18% BAföG bezogen[4]. Aufgrund der mangelnden staatlichen Unterstützung haben Studierende über den Verlauf der Pandemie zusammen fast zwei Milliarden Euro Schulden angehäuft[5]. Dadurch wird ihre prekäre Lage verschärft und Ungleichheiten im Studium zementiert. Der BAföG-Satz muss angehoben, das Verfahren vereinfacht und die Rückzahlung wieder abgeschafft werden! Wir fordern ein elternunabhängiges BAföG für alle, ohne Einkommensgrenzen und bürokratische Hürden! Auf den desaströsen Zustand des BAföG macht u.a. aktuell auch die bundesweite Kampagne des freien zusammenschluss von student*innenschaften e.V. (fzs) “50 Jahre BAföG –(k)ein Grund zu feiern” unter #BAföG50 aufmerksam, deren Forderungen wir unterstützen![6]

#IchBinHanna – Sofortige Entfristung der Arbeitsverhältnisse im Akademischen Mittelbau!

Die unter #IchbinHanna viral gegangenen Erfahrungsberichte von Beschäftigten des Akademischen Mittelbaus, u.a. unseren Dozent*innen, haben für viel öffentliche Aufmerksamkeit gesorgt. Zudem organisieren sich Mittelbau-Beschäftigte in zahlreichen lokalen und bundesweiten Initiativen und kämpfen für bessere Arbeitsbedingungen. Denn gerade einmal ca. 7 Prozent der wissenschaftlichen Arbeitsverhältnisse im Mittelbau an den Hochschulen sind unbefristet. Auf befristeten halben Stellen zu promovieren und nebenbei noch Lehre zu organisieren, geht nicht nur zu Lasten der Gesundheit von Wissenschaftler*innen, die zahlreiche Stunden unbezahlter Arbeit leisten müssen. Auch die Auswirkungen auf die Qualität der Lehre -und damit auf uns Studierende und unsere akademische Ausbildung-sind immens. Gemeinsam mit den Beschäftigten des Akademischen Mittelbaus fordern wir daher sofortige Entfristungen!

Auch unsere Kommiliton*innen und Kolleg*innen in Hamburg und an allen anderen Hochschulen der Republik fordern wir auf: Schließt euch uns an! Gemeinsam machen wir das Wintersemester zum Streiksemester und erkämpfen uns bessere Arbeits-und Studienbedingungen.

Ab sofort: Jeden Tag, 9 Uhr und 13 Uhr offenes Plenum im Streikcafé. Bringt euch ein!

11.10.2021, das Besetzungskomitee-Studierende und Beschäftigte der Universität Hamburg sowie Aktive der Initiative TVStud


Info- und Austauschversammlung

Wann? Heute, 11.10.21, 14 –16 Uhr
Wo? Im besetzten Hörsaal im Fachbereich Sozialökonomie
(Von-Melle-Park 9)


Wer ist TVStud Hamburg?

TVStud Hamburg ist eine studentische Basisbewegung mit dem Ziel die Arbeitsbedingungen der Studentischen Beschäftigten an den Hamburger Hochschulen und Behörden zu verbessern. Studentische Beschäftige? Das sind diejenigen, die als studentische/wissenschaftliche Hilfskräfte und Tutor*innen den Laden an den Hochschulen am Laufen halten. Jährlich werden in Hamburg über 8.000 solcher Arbeitsverhältnisse vereinbart. Nachdem es Studentischen Beschäftigten 2018 in Berlin gelang, zum dritten Mal einen Tarifvertrag ‘TVStud’ durchzusetzen, schwappte diese Bewegung auch nach Bremen und Hamburg über. Anfang des Jahres gründete sich auf dieser Basis eine bundesweite Vernetzung. Inzwischen existieren TVStud Basisbewegungen in über 20 Hochschulstädten. Gemeinsam treten sie dieses Jahr erstmals in den Arbeitskampf, um für die bundesweit300.000 Studentischen Beschäftigten an den Hochschulen unter anderem höhere Löhne und längere Vertragslaufzeiten durchzusetzen.


Infektionsschutz…

Ist und bleibt uns wichtig. Um einer Räumung unter dem falschen Vorwand des Infektionsschutzes vorzubeugen, möchten wir hier im vornherein klar stellen, dass für uns die Hygienevorgaben der Universität Hamburg unsere Mindeststandards sind. Bei uns gelten die gleichen Absprachen, die auch für alle anderen Veranstaltungen an den Hochschulen gelten. Wir gehen sogar noch weiter: So besitzen alle Besetzer*innen nicht nur einen Campuspass, sondern sind zudem bereits vollständig geimpft. Innerhalb des Hörsaales gilt die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske. Um die Kontaktverfolgung zu ermöglichen, werden beim Betreten des Hörsaales die Kontaktdaten außerdem anonymisiert erfasst. Wenn ihr uns räumen lassen wollt, müsst ihr euch also schon einen anderen Vorwand konstruieren!


Anmerkungen und Quellen

[1] Siehe auch den Aufruf zur Demonstration am 05.06.21 https://www.asta.uni-hamburg.de/1-aktuelles/01-asta-news/2021-05-20-demo-stop-the-cuts.html
[2] 79% der Studierenden in Hamburgsind auf einen Nebenjob in zumeist prekären Arbeitsbedingungen angewiesen.
[3] Studentische Hilfskräfte verdienen gerade einmal 10,91€/Stunde. Sie liegen damit weit unterhalb des Hamburger Mindestlohns, von dem sie als einzige Beschäftigtengruppe ausgenommen sind. Über 70% ihrer Arbeitsverhältnisse sind gerade mal auf zwei bis maximal 6 Monate befristet. Planbarkeit? Fehlanzeige! Erschwerend kommt hinzu, dass für sie ebenfalls kein Recht auf gesetzliche Mitbestimmung gilt -ein fundamentales demokratisches Recht, welches für alle Arbeitnehmer*innen in Deutschland gilt, außer für sie.
[4] https://www.studierendenwerk-hamburg.de/fileadmin/user_upload/STW_Hamburg/__Downloads/Presse/Publikationen/Sozialerhebung/Sozialerhebung2016_fuerWeb_2018_06.pdf
[5] https://www.spiegel.de/panorama/bildung/wegen-corona-studierende-verschulden-sich-mit-fast-zwei-milliarden-euro-a-7a390c44-c8d6-4925-89e8-7b7f04982d81
[6] Der Forderungskatalog und die Petition des Bündnisses findet sich unter: https://bafoeg50.de

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